Resteverwertung, aber ruckizucki!
Ich brauche Platz im Kühlschrank, denn die wöchentliche Lieferung meines Ökokorbes steht an. Jede Woche liefert mir das Ökodorf Brodowin (in Brandenburg) eine Kiste mit knackig frischem Obst- und Gemüse aus ökologischem und - soweit möglich - auch regionalem Anbau bis vor die Haustür. Alles voll bio! ;)
Damit ich die geballte Ladung Grünzeug im Kühlschrank unterbringen kann, müssen die Reste verarbeitet werden. Deswegen gibt es heute u.a. Gurkensalat: Die Gurke mit der Gemüsereibe in Scheiben raspeln, ein paar Zwiebelwürfel dazu und für die ganz schnelle Variante „Knorr Salat-Krönung Dill-Kräuter“ (oder ein ähnliches Produkt) mit Olivenöl anrühren und fertig. Wer hat, der kann natürlich auch frischen (oder tiefgefrorenen) Dill dazugeben.
Dann ist da noch ein halber Salatkopf, eine rote Paprika, eine Tomate und ein paar Mozzarella-Kugeln. Das putze und/oder schnippel ich alles in mundgerechte Stücke und mische es mit etwas Olivenöl und einem Schuss Balsamico-Essig. Dann gebe ich noch ein kleine Handvoll geröstete Sonnenblumenkerne dazu und garniere die Salat-Kreation mit ein paar Basilikumblättchen. Hinweis: Wenn ihr Sonnenblumenkerne in der Pfanne röstet, macht das bitte immer ohne zusätzliches Fett! Die Kerne enthalten genügend eigenes Fett, das durch die Wärme frei wird. :)
Und dann ist da noch ein Chicoree. Dieses blasse Ding mit den gelben Spitzen ist ein echtes Wintergemüse, denn die Wurzel braucht für einige Tage eine Temperatur von ca. 2 °C um „wach“ zu werden. Dann bildet sie überirdisch eine weiße Knospe. Dass diese essbar und sogar sehr schmackhaft ist, fand ein belgischer Gärtner im 19. Jahrhundert durch Zufall heraus, als er eine im Keller vergessene Zichorienwurzeln fand, die zarte weiße Triebe gebildet hatte. Die Triebe waren deshalb weiß, weil durch das Fehlen des Sonnenlichts im dunklen Keller während der Photosynthese kein Blattgrün produziert wurde. Das heutzutage als Chicoree bekannte Gemüse hat auch deshalb einen leicht bitteren Geschmack, weil durch die Dunkelheit statt des Chlorophylls der Bitterstoff Intybin gebildet wird.
Chicoree mit Wurzel (mit Dank an Rasbak, Niederlande)
Der Chicoree wird heute natürlich nicht mehr im Keller angebaut, wird aber während des Wachstums zum Schutz vor Licht abgedeckt. Er sollte daher auch im Supermarkt in einer abgedeckten Holzkiste angeboten werden, weil sich sonst die Spitzen sehr schnell grün färben und das Aroma sehr bitter wird. Zu Hause gehört der Chicoree in ein feuchtes Stück Küchenkrepp gewickelt ins Gemüsefach des Kühlschranks, wo er sich etwa eine Woche hält.
In Belgien (zumindest im flämischen Teil) ist das Gemüse, das dort wit lof (= weißes Laub) genannt wird, mit Schinken umwickelt und Käse überbacken quasi eine Art Nationalgericht ("Witlof met ham en kaas"). Überhaupt wird Chicoree in Frankreich, den Niederlanden und Belgien meist gedünstet, in den USA und in Deutschland hingegen meist roh verzehrt. Zu dem bitterherben Geschmack des Chicoree passen süßherbe Früchte wie Orangen, aber auch ein milder Ziegenkäse mit Honig harmoniert sehr gut. Für meine Resteverwertung wähle ich die schlichte Variante mit Orange. Dazu halbiere ich den Chicoree und entferne den bitteren Strunk.
Dann würfel ich sowohl den Chicoree als auch die Orange (das hier ist eine halbe Orange, war auch ein Rest, wer eine ganze hat, nimmt ruhig mehr) und gebe alles in eine Schüssel.
Und wen jetzt die Experimentierlust gepackt hat, der findet hier das etwas aufwändigere Rezept für Gratinierten Chicorée mit Chorizo des Sternekochs Achim Schwekendiek.
Chircoree enthält roh besonders viel Vitamin A und C sowie Betacarotin, Folsäure und die Mineralstoffe Kalium, Calcium und Magnesium, die wichtig für die Blutbildung, den Muskel- und Nervenstoffwechsel und den Knochenaufbau sind. Durch den hohen Anteil an Ballaststoffen wirkt Chicorée verdauungsfördernd und das Gemüse ist zudem kalorienarm (16 kcal auf 100g!), schonend für den Stoffwechsel und säurebindend. 100g enthalten:
Der enthaltene Bitterstoff kann sogar einen Magenbitter ersetzen, indem man nach einem schweren Essen ein paar Blätter davon verzehrt.
Na dann: Wohl bekommt's!
Lillebo :)